Rezension
Die schöne junge Gräfin Doralice bricht mit Ehe, Stand und allen Konventionen und verlebt mit ihrem Malerfreund einen großen Sommer an der Ostsee: "Also freie Menschen, freie Liebe, freie -". Nein, nicht alles ist frei; das Ende ist bitter und traurig. Keyserling zeichnete mit impressionistisch-sensiblen Strichen (auf dem Weg von Fontane zu Th. Mann) ein überzeugendes Frauenschicksal, stimmige Milieupassagen aus intimster Kenntnis (baltischer Adel) und das Meer in allen Schattierungen als grandiose Kulisse. Es ist meisterlich, wie hier ein begnadeter Künstler eine im Zerfallen begriffene Welt desavouiert, indem er ihre Zerbrechlichkeit aufweist, zugleich aber als allgemeingültiges Menschenlos zu gestalten vermag ("das mit der Freiheit klingt so schrecklich nach Alleinsein"). Der kleine poetische, auch rein stofflich zu lesende Roman, ein repräsentatives Beispiel für Keyserlings Oeuvre, zuerst 1911 erschienen (vgl. zuletzt BA 284, 39), müßte Leser in allen Büchereien finden. Die Neuausgabe ist ansprechend gestaltet und großzügig gedruckt.
Serie / Reihe: Bibliothek der Romane
Personen: Keyserling, Eduard von
KEYS
Keyserling, Eduard ¬von:
Wellen : Roman / Eduard von Keyserling. - 1. Aufl. - Göttingen : Steidl, 1998. - 174 S. ; 21 cm. - (Bibliothek der Romane ; 2)
ISBN 978-3-88243-549-8 fest geb. : 20,00 + F
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