Der Militärputsch in Argentinien aus der Sicht eines Zehnjährigen. (DR) Kurz nach dem Militärputsch 1976 taucht eine regimekritische Familie in einem Landhaus unter. Die Flucht erfolgt überstürzt und die beiden Söhne - der ältere nennt sich zu Ehren Houdinis "Harry", während der jüngere für alle nur der "Zwerg" ist - reagieren anfangs höchst unwillig auf die Veränderung. Zur Ablenkung spielt der Vater mit Harry TEG, Taktiken und Strategien des Krieges, das die Eroberung der Welt zum Ziel hat. Im Spiel bringt ihm sein Vater bei, niemals aufzugeben. Kamtschatka, eine für Harry verschwommene und öde Region am Ende der Welt, wird für sie zum Symbol des Überlebens. Auch die Eltern geben den politischen Widerstand nicht auf und müssen schließlich den Preis dafür zahlen: Sie verschwinden spurlos so wie tausende anderer Argentinier zu jener Zeit. Dennoch ist "Kamtschatka" keinvordergründig politischer Roman. So wie die Eltern versuchen, die grausame Realität so gut es geht von den Söhnen fernzuhalten, macht dies der Ich-Erzähler Harry durch seine kindliche Sicht der Dinge mit dem Leser. Aber es wird nichts beschönigt. Neben der Faszination, die eine Welt voll gefälschter Identitäten und Agentenspielen für ein Kind zu bieten hat, setzt auch das Begreifen um eine mörderische Bedrohung ein. Figueras hat "Kamtschatka" erstmals als Drehbuch für einen Kinofilm verfasst, der 2003 bei der Berlinale mit hymnischen Kritiken bedacht wurde. Auch die vorliegende, mit viel Humor und Zärtlichkeit erzählte Romanfassung wird denLesern sicher lange im Gedächtnis bleiben. Allen Beständen sehr zu empfehlen. *bn* Anita Ruckerbauer

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Personen: Figueras, Marcelo