Wolitzer, Meg
Was uns bleibt, ist jetzt
Buch

Annotation: Der 15-jährigen Jam soll in einem Internat dabei geholfen werden, ein Trauma zu überwinden, das der Tod eines Jungen in ihr ausgelöst hat. Was es wirklich mit dieser Liebesgeschichte auf sich hatte, zeigt sich, als Jam in der geheimnisumwobenen elitären Literaturklasse befähigt wird, in ihre Vergangenheit abzutauchen. Rezension: Liest man den Anfang des Klappentexts der deutschen Übersetzung von Meg Wolitzers „Belzhar“, erwacht Skepsis, was die Qualität eines Romans angeht, dessen blumiger, in gelber Schnörkelschrift gesetzter Titel „Was uns bleibt ist jetzt“ lautet: „Jam verliebt sich zum ersten Mal. So intensiv wie nie zuvor.“ Auf das Lektorat wirft diese widersprüchliche Formulierung nicht das beste Licht, doch zum Glück ist die Übersetzung des Romans von Petra Koob-Pavis so gut, dass die amerikanische Autorin schon mit den ersten Seiten aus diesem Schatten heraustreten kann. Auf Seite 8 steht jener Satz, der beim Formulieren des Klappentexts Pate gestanden haben dürfte: „Dann verliebte ich mich so heftig in Reeve, wie ich mich noch nie zuvor in meinen fünfzehn Jahren in jemanden verliebt hatte.“ Was nach harmloser Teenager-Schwärmerei klingt, stürzt Jam in eine existenzielle Krise. Ein Gefühl, das sie bis in die Grundfesten erschüttert, setzt eine Geschichte in Gang, deren Fäden Meg Worlitzer ebenso raffiniert wie routiniert spinnt. Zusammen mit anderen „emotional fragilen, hochintelligenten Teenagern“, so die Werbebroschüre des Internats Wooden Barn, soll der Ich-Erzählerin fernab von Internet und Handy dabei geholfen werden, den Tod eines Jungen zu verkraften. In Rückblenden enthüllt Jam ihre nur 41 Tage währende, einzigartige Liebesgeschichte. Kein Wunder, dass sie nach der Vertreibung aus dem Paradies durch Reeves Tod kein Interesse an der Schule mehr hat. Doch ist es wirklich Zufall, dass sie „in der kleinsten und elitärsten Klasse der ganzen Schule“ aufgenommen wird, von der wahre Wunderdinge erzählt werden? „Ich schwör dir, diese Klasse ist wie ein Geheimbund“, raunt Jams Zimmergenossin DJ. Mit den Gedichten Sylvia Plaths und mit Tagebüchern, in die die Schüler zweimal pro Woche etwas hineinschreiben sollen, gelingt es Mrs Quenell, ihre fünf Schülerinnen und Schüler auf eine buchstäblich überwältigende Weise mit ihrer traumatischen Vergangenheit zu konfrontieren. „Belzhar“ taufen die fünf Jugendlichen jene gemeinsame und doch zutiefst einzigartige Welt, zu der ihnen die Tagebücher die Tür öffnen. Doch mit jedem Eintrag füllen sich mehr Seiten. Die schöne Flucht aus der Gegenwart hat ein Ablaufdatum. Und dann? Mit Gespür für das richtige Timing enthüllt die Autorin nach und nach, dass Wahrheit sehr subjektiv sein kann, nicht nur für Jam, sondern auch für ihre Klassenkollegen, deren Geschichten Meg Worlitzer ebenfalls sorgfältig ausgearbeitet hat. Dank ihres Gespürs für die inneren Konflikte ihrer Figuren ist der Roman sehr komplex, rutscht aber dank der gewandten Erzählerin dennoch so leicht die Kehle hinunter wie jene Marmelade, die Jam von Reeve geschenkt bekam, aus Verehrung nie öffnen wollte und am Ende doch genießen kann.

Personen: Koob-Pawis, Petra Wolitzer, Meg

Wolitzer, Meg:
Was uns bleibt, ist jetzt / Meg Wolitzer. Aus dem Engl. von Petra Koob-Pawis. - München : cbt, 2015. - 379 S.
ISBN 978-3-570-16294-1 fest geb. : ca. Eur 18,50

Zugangsnummer: 2018/0164
Romane und Erzählungen für Jugendliche ab 12 Jahre - Signatur: Wolit - Buch