Bauer, Michael Gerard
Nennt mich nicht Ismael
Buch

Annotation: Ein außerordentlich komisches Buch über Mobbing in der Schule und über die Macht der Sprache. Rezension: Barry Bagsley heißt jener Schüler im St. Daniel's, der den Ton angibt, die anderen schikaniert. Sein liebstes Opfer heißt Ismael Leseur. Der ist ein Feigling, kann sich nicht wehren, und hat dazu einen Namen, der klingt wie "Schisseur, wie Pissoir, wie Le Sau". Als mit James Scobi ein neuer Schüler in die Klasse kommt, eine Art Freak, der in Folge der Operation eines Gehirntumors seine Mimik nicht unter Kontrolle hat (alles andere, vor allem die Sprache, aber sehr wohl), ändert sich vieles. Im Windschatten von Scobie, der keine Angst hat, schon gar nicht vor Barry Rambo Bagsley, und zum Helden der Schule wird, schwimmt Ismael mit. Und wächst. Und lernt, später auch ohne seinen Freund aufrecht zu gehen. Gerard Michael Bauer hat zwar auch ein Buch über Mobbing in der Schule geschrieben und über die Macht der Sprache (die in australischen Schulen in Debattierklubs gelernt und geprobt wird), in erster Linie aber ist ihm ein zwar manchmal etwas abschweifendes (Melville!), aber vor allem außerordentlich komisches Buch gelungen. Es handelt sich dabei um an vielen Stellen um eine sehr körperbetonte Art von Komik, die manche (erwachsenen) LeserInnen möglicherweise etwas befremdet. Das beginnt mit der Schilderung der Geburtsszene Ismaels, geht über die Verunstaltung seines Namens mittels deutlich dem Fäkalbereich zuzuordnenden Vokabulars bis hin zur Figurenzeichnung. Dazu gehören weiters Szenen wie jene, in der dem Erzähler während einer Rede eine kleine Holzfigur in die Hose rutscht und unten wieder raus und in der er in der Folge während eines kurzen Ohnmachtsanfalls einem Mädchen an die Brust greift. Bisweilen steigert sich der kleine, oft pubertäre Bubenwitz hin zu ganz großartigem Slapstick. (Ute Miehr ist es zu verdanken, dass das alles auch in deutscher Sprache gut funktioniert.) Dass der Autor mehr erzählen will als Witze, ist von Anfang an klar. Nicht umsonst nennt er seinen Erzähler Ismael, nicht umsonst sind die Literaturlehrerin und der kleine Scobie die großen positiven Figuren, die die Macht der Sprache demonstrieren, und nicht umsonst kann unser Held am Ende auf Rache am bösen Bagsley verzichten. Nicht aus Feigheit, sondern weil er ein Mensch mit Anstand ist, mit Haltung. Die einzunehmen, dazu bedarf es im Übrigen wieder des Körpers. Eine ausgesprochen unterhaltsame Lektüre, die in einem zweiten Band, der im australischen Original schon publiziert ist, hoffentlich ein ebenso hohes Niveau erreicht.


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Personen: Bauer, Michael Gerard

Bauer

Bauer, Michael Gerard:
Nennt mich nicht Ismael / Michael Gerard Bauer. Aus dem Engl. von Ute Mihr. - München : Hanser, 2008. - 300 S.
ISBN 978-3-446-23037-8 fest geb. : ca. € 17,40

Zugangsnummer: 2020/0070 - Barcode: 2-1150105-1-00030310-1
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