Irving, John
Bis ich dich finde
Buch

Amazon.deFast möchte man John Irving bedauern. Kaum legt er einen neuen Roman vor (noch immer ein Er eignis, bei dem die literarische Welt den Atem anhält), stürzt sich die vergleichende Irving-Wissens chaft auf das Werk. Ist er wieder in Form? Ein neuer Garp? Besitzt er gar die Größe von Gottes Werk und Teufels Beitrag? Kann er Owen Meany toppen, Zirkuskind und Die vierte Hand, diese vorübergehende schriftstellerische Talsohle, vergessen machen? Amerika ist, wie man hört, enttäuscht. Aber, warum nur? Vielleicht ist es an der Zeit, die Irving-Richterskala der völlig überzogenen Erwartungen auf N ull zurückzustellen, um den Zauber erneut empfinden zu können. Dann nämlich stellte sich sehr schnel l heraus, mit welch magischen Erzählkräften Irving uns im Handumdrehen in seine Welt hineinzuziehen vermag. Die traurige Welt von Alice, der schottischen Tätowiererin und Jack Burns, ihrem vierjährige n Sohn. Ein treuloser Liebhaber und Vater wird gesucht.
1.140 Seiten, eine Langstrecke, die bei ein em solchen Erzfabulierer leicht ins Uferlose führen kann. Auf Alice' und Jacks einjähriger Spurensuc he durch Nordeuropas Hafenmetropolen, Kirchen und Bordelle, in denen der Orgelvirtuose William Burns seine Duftmarke hinterließ, präsentiert Irving -- typisch -- ein Panoptikum skurriler Figuren. Amst erdams Prostituierte, Helsinkis Tätowierer und unzählige blutjunge Chormädchen können ein Lied singe n von der Spur, die der charmante Organist hinterlassen hat, der sich auf jeder seiner unseligen Sta tionen zum lebenden Notenblatt tätowieren lässt. Die schöne Alice, selbst eine Meisterin der Nadel, interviewt deflorierte Mädchen und Orgelnovizen (deren Auskünfte sie schon mal mit kostenlosen Tatto os und Liebesdiensten belohnt). Das Phantom des sexbesessenen flüchtigen Vaters aber ist stets einen Schritt voraus. Zwischen Tatovlr-Ole, Herzensbrecher-Lars, Bach, Händel, sowie der halben Amsterdam er Rotlichtbesetzung, wächst der vierjährige Jack in eine merkwürdige Welt hinein.
Im zweiten Teil des Romans findet Klein-Jack sich als einer der wenigen männlichen Schüler in der St. Hilda Mädchens chule in Toronto wieder, Gelegenheit für den in erotischen Dingen ohnehin nie zaghaften Irving, sein em Affen gehörig Zucker zu geben. In dieser sexuell ausgehungerten Umgebung erschließt Emma Oastler, Jacks Tutorin, dem Jungen die tiefere Bedeutung eines der Lieblingsmotive seiner Mutter: Jack darf die "Rose von Jericho" entblättern. Eine Kindheit an der Seite starker älterer Frauen findet seine E ntsprechung. Nach Schultheater und einem Ausflug ins Softpornogewerbe (erneut ein Irving-Festival), landet der schöne Jack schließlich als gefeierter Transvestiten-Darsteller in Hollywood (ein Irving- Eldorado der großen Namen). Jahre später wird der erfolgreiche Schauspieler den Auftrag seiner inzwi schen verstorbenen Mutter erfüllen. Die Suche nach dem Vater geht weiter. Und zeitigt überraschende Ergebnisse.
Ein überschäumender, zuweilen überkonstruierter und vor allem überlanger Lebensbogen. D ennoch -- vergesst Garp und alle Bären! Wäre dies der Erstling eines unbekannten Schriftstellers, di e Jubelfeiern nähmen kein Ende! --Ravi Unger1


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Personen: Irving, John

Schlagwörter: Freundschaft fehlende Väter starke Mütter gestohlene Kindheit

IRV

Irving, John:
Bis ich dich finde. - 6. - Zürich : Diogenes, 2007. - 1152 S.
ISBN 978-3-257-23621-7 13.90

Zugangsnummer: 0000/3889 - Barcode: 16037737
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