Eine deutsche "Expertin in Sachen Parallelgesellschaft" schreibt einen Bildungsroman ihrer deutsch-türkischen Familie auf der Suche nach ihrem Türkischsein. (BO) Flott erzählt. Man merkt: Die Autorin ist Profi, Feuilletonredakteurin bei der "Welt". Zuletzt erschienen: "Gebrauchsanweisungen für die Türkei" (2004). Bis ca. Seite 200 die unauffällige Biografie einer Angehörigen der "Generation Golf" (Eigenklassifikation nach dem Bestseller von Florian Illies) - mit Ausnahme eines Vaters türkischer Herkunft, Architekt in der reichsten Stadt Deutschlands, in Sindelfingen, der Daimler-Benz-Produktionsstätte. Und mit Ausnahme der Großtante und Oma aus Izmir, die ins Nachbardorf Maichingen zum einzigen Sohn nach Deutschland ziehen. Das ist der Clou: Durchschnittsdeutsche mit Kindheit in den Siebzigern, Adoleszenz in den Achtzigern, Studium in Berlin zur emotionslos registrierten Wende. Nur hätte man es gerne ein wenig früher erfahren, worauf das Buch eigentlich abzielt: aufgrund des Familiennamens (in Berlin) ständig zur Türkin gemacht zu werden: "Muezzins plus Istanbul ergab Redakteurin Alanyali" (S. 251). Die Titel gebende "Blaue Reise" im Sommer 1986 (heute ein massentouristisches Angebot in Bodrum an der türkischen Mittelmeerküste) wird so rückblickend zur "Grand Tour" (S. 196). Nein, es ist wahrlich keine "langweilige Immigrantenliteratur" (wie sie die Feuilletonistin Alanyali gering schätzt, S. 212), sondern die Geschichte einer "sensationell untypischen Türkin, die weder aus einer Groß- noch aus einer Arbeiterfamilie kam und noch nie in ihrem Leben als Kanakin oder Türkensau beschimpft worden war" (S. 205).

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Medium erhältlich in:
53 Die Bücherei St. Peter, Trier

Personen: Alanyali, Iris