Dystopie für Jugendliche - allerdings mit deutlichen Schwächen. (ab 12) (JE) Wir schreiben das Jahr Phönix 59 nach dem Großen Weltenbrand. Kendira lebt mit anderen Jugendlichen in Liberty 9, einem von der Außenwelt streng abgeschotteten Tal. Kendira gehört zu den Electoren, einer Elitegruppe, die von Geburt an von anderen Gesellschaften isoliert aufwachsen und deren streng durchgeplanter Tagesrhythmus nur einem Zweck dient - sie sollen auf ihren Dienst im Lichttempel vorbereitet werden, dem höchsten Ziel eines jeden Electoren. Doch dann lernt Kendira den Servanten Dante kennen. Obwohl Servanten wie Leibeigene gehalten werden, wissen sie offensichtlich mehr von der Außenwelt als die Electoren. Dante kann zunehmend Kendiras Weltbild erschüttern. Doch Zweifel sind lebensgefährlich und verschiedene Ereignisse zwingen Kendira schließlich zur Flucht. Rainer M. Schröder, einer der renommiertesten Verfasser historischer (Jugend-)Romane, hat seinen ersten Science-Fiction-Roman vorgelegt. Und hier zeigt sich auch eine der Schwächen des Romans: Während genaue Beschreibungen von Örtlichkeiten und Gebäuden den historischen Romanen das richtige Maß an Authentizität verleihen, wirken sie hier nur ermüdend, der Handlungsfluss gerät dadurch immer wieder ins Stocken. Die Entwicklung der Charaktere ist manchmal recht sprunghaft und nicht immer ganz nachvollziehbar. Für junge Menschen, die ihr gesamtes Leben einer strengen Gehirnwäsche unterzogen wurden und zur gesellschaftlichen Elite gehören, sind Kendira und ihre KameradInnen viel zu schnell bereit, ihr Leben zu hinterfragen und den gesellschaftlich weit unter ihnen stehenden Servanten zu vertrauen. Stilistisch bleibt Schröder dem Sprachduktus der historischen Romane treu. Um das Ganze aufzupeppen, bedient er sich jeder Menge Wörter aus anderen Sprachen, da die Geschichte in einem postapokalyptischen Teil der USA zu spielen scheint, besonders des Englischen: Guardians, Cleansing, Cube, Grip, Pusher und Lock wirken manchmal zu viel des Guten. Definitiv daneben ist es, wenn in einem Computerspiel Stäbe "durch die tiefe Schwärze floatend" dahintrudeln. Zu allem Überfluss finden sich noch jede Menge Tipp- und Flüchtigkeitsfehler, was für Autor und Verlag ungewöhnlich ist. Insgesamt wird man den Eindruck nicht los, als hätte man zu dem boomenden Genre Dystopie noch schnell etwas beisteuern wollen, ohne die dabei sonst übliche Sorgfalt walten zu lassen. Heraus kam bestenfalls Durchschnitt.

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Serie / Reihe: Liberty 9

Personen: Schröder, Rainer M.

Schlagwörter: Antolin